Wieder war das ganze Wochenende Starkwind und Sturm angesagt. Aber was solls. Ich bin schon Donnerstagabend angereist, um Freitag zu entspannen und die Heizung fertig einzubauen. Das hätte auch klappen können, wenn ich nicht so vertrauensselig wäre. Wenn ich eine Heizung mit speziellem Marineeinbausatz kaufe, gehe ich davon aus, dass da alles für den Einbau enthalten ist. Also fleißig in der Achterkabine die Rohre fertig bis in die Backskiste auf der anderen Seite verlegt und dann Heizung und Einbaukit zum Einbauen ausgepackt. Problem 1: Die Heizung ist da, der Einbaukit auch, aber es gibt keine Standplatte für die Heizung. Und irgendwo muss die stehen, da ja unten Auspuff und Ansaugluft herausgehen. Damit war klar: Das wird nichts mit Heizung am Wochenende. Dann der nächste kritische Blick: Wie kommen die Auspuffgase nach draußen? Tja, ein Borddurchgang ist auch nicht vorhanden. Vielleicht sollten Sie die Sache in Teileinbaukit umbenennen? Zur weitestmöglichen Vorbereitung wollte ich dann den Tankanschluss schon vorbereiten. Aber es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn etwas klappt. Es gibt einen extra Deckel, der noch nicht mit Einbauteilen genutzt wird, hier könnte man den Entnahmerohrwinkel durch bohren und verschrauben. Also die vier Schrauben gelöst. Und sofort wieder fest gezogen. Der Tank ist zu voll, da kommt aus den Schraubenlöchern sofort Diesel raus. Also beim nächsten Mal einen Auffangbehälter mit bringen und Diesel abpumpen. Na gut, dann ist jetzt alles klar, was noch fehlt.
Freitagmorgen war dann auch der erste Büroarbeitstest im Boot. Der war erfolgreich. Der Mobilfunkrouter stellte problemlos die Wifi-Verbindung fürs Notebook her und schon konnten Emails ganz normal beantwortet werden. Das lässt für die Zukunft hoffen. Zusatzmöbel zur Unterbringung von Drucker-/Scannerkombi und Büromaterial ist bereits in Planung und soll im Winter beauftragt werden. Auf der backbordseitigen Salonsitzbank. Mobil, also mit wenigen Handgriffen entfernbar und so, dass möglichst wenig Schäden sichtbar bleiben, wenn man das Möbel nicht mehr braucht.
Freitagabend dann der routinemäßige Blick in die Wetterapp. Aber was ist das denn? Starkwind am Samstag bis ganz früh morgens, dann fast gar kein Wind und erst abends wieder Starkwind mit Sturm in der Nacht und am nächsten Vormittag. Damit war klar: Man könnte mit dem Boot eine Halbtagestour machen.
Wenn man sich überwinden. Je länger man nicht ablegt, desto größer werden die Hemmungen und Befürchtungen und Argumente dagegen. Und kalt ist es morgens jetzt auch. Aber wo ein Wille ist, ist auch die Überwindung. Thermounterwäsche an und um 8 Uhr raus: Leinen vorbereiten, Abdeckungen entfernen, Motor an. Das erste Mal nach der Keilriemenreparatur. Alles läuft wie geschmiert. Das Fahren aus der Box -jedes Mal mehr ist einmal mehr für die Routine. Es weht kein Lüftchen, Spiegelbilder zieren die Wasseroberfläche. Der Troß der Charterer ist noch nicht auf dem Weg zur Schleuse. Hinter mir warten dort nur ein Plattbodenschiff und ein weiterer deutscher Solosegler. Das macht auch die Fahrt durch die Schleuse entspannt, weil jeder mehr als genug Platz hat. Und dann bin ich endlich wieder auf dem Ijsselmeer. Ich genieße die Sicherheit, die jeder Handgriff erzeugt. Fast schon routinemäßig setze ich das Groß, dank der Elektrowinsch auch ohne Kraftaufwand. Und das Vorsegel. Dann die lang ersehnte Stille -Motor aus. Mit ca. 0,6 kn treibe ich vor mich hin. Die Sonne ist aufgewacht, der Himmel strahlt in blau. Dank der Sonne verschwindet das Thermounterhemd schnell in der Bugkabine und macht einem T-Shirt Platz. Idealer Zeitpunkt zum Frühstücken. Der Autopilot hat nicht wirklich etwas zu tun. Den Plotter drehe ich einfach zu mir herum, so dass ich am Cockpittisch ganz entspannt schnell einen Blick werfen kann, ob irgendwo ein Berufsschiff naht. Die ideale Entscheidung, den Plotter in groß und mit dem drehbaren POD zu nehmen.
Im Laufe des Vormittags geht es mit im Schnitt 2 kn, im Höhepunkt mit 4 kn voran. Hinter mir sind etliche Schiffe aus Lemmer gekommen. Die, die segeln, überholen mich nicht. Es ist die erhoffte entspannte Art des Segelns, die mir Jeanneau mit der 349 bietet. Wirklich alles fast perfekt platziert und ausgestattet.
Mittags dann die Wende und zurück gehts. Ich möchte vor dem Starkwind im Liegeplatz sein, um kein Risiko einzugehen. Das klappt auch alles wie am Schnürchen. Das Anlagen am Wartesteiger vor der Schleuse. Das Schleusen. Die Anfahrt an und Einfahrt in die Box. Genau dafür sind solche Tage ideal. Zum Üben, Üben, Üben. Ein echter Genusstag neigt sich dem Ende zu. Und überlässt uns einer heftigen Nacht. Zum Glück gut abgefendert und mit den Bäumen in der Hauptwindrichtung heult der Sturm weite Teile der Nacht. Gut, dass ich am Heimatsteg bin. Keine Sorgen, wie man morgens bei dem Wind alleine aus einem fremden Hafen kommt. Keine Sorgen, wie man vor der Schleuse bei Starkwind wartet und in der Schleuse fest macht. Nein, das hebe ich mir für nächstes Jahr auf. Dann ist auch mein dafür wichtiges Helferlein dabei: Das Bugstrahlruder, das für den Winter bereits beauftragt ist.
Ein tolles Wochenende geht zu Ende. Es lässt den Stress langer Arbeitstage perfekt hinter sich und tankt für die nächste Woche Lebenkraft und Lebensfreude nach. Dann hoffentlich mit den nötigen Ersatzteilen, um endlich die Heizung in Betrieb nehmen zu können. Es wird Zeit. Die Abende und Nächte kalt. Und gleichzeitig doch die Landschaft in einem besonders schönen Licht.
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