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zum ersten Mal: Sylt (Hafen Hörnum)

Die bessere Überschrift wäre gewesen: Nordsee auf die rauhe Art! Also in Ruhe von gestern morgen an: Wie sich auf Vlieland schon abzeichnete war in Südnorwegen schon wieder laufend Sturm. Also Plan B: Sylt, Hafen Hörnum an der Südspitzenecke. Laut Wetterrouting von windy.com wenn ich um 11 Uhr fahre mit 5 kn dann die ersten 50 sm stärkerer Wind bis 18 kn, danach fast Flaute mit 3-11 kn und am Schluss ein wenig mehr mit 11-18 kn, die bis-Zahlen als Böen. Das versprach eine geruhsame Nacht und bis auf den Anfang vernünftiges Segeln. Da ich immer schon früh fokussiert bin habe ich um 10.15 Uhr die Leinen auf Vlieland losgeworfen. Und kurz hinter der Hafenausfahrt schon einmal den Kiel auf 2,55 m herunter gelassen. Dafür ist er da und das gibt die notwendige Stabilität auf der Nordsee. Dann das Groß gesetzt, wohl wissen, dass es durch das Gatt noch keine große Rolle spielen wird, weil Wind zu weit von vorn. Und der war schon kräftig zur Stelle, aber das war ja vorhergesagt. 18-22 kn, ist ja kein Problem, aber die Böen waren dann doch viel stärker ausgeprägt. Ich probierte ununterbrochen aus, die Segel anzupassen. Fürs erste Reff mit Selbstwendefock (SWF) wars zu viel, also Reffen der SWF ausprobiert und am Schluss ganz gelassen. Der Wind hatte sich mittlerweile bei 22-24 kn eingependelt, mit Böen darüber. Ach ja, wer im Wetterbericht nachsieht: Der TrueWindSpeed (TWS) spielt hier keine Rolle, weil durch den Amwindkurs sich der scheinbare Wind, den man fühlt, erheblich erhöht. Und ab 90° dann abnimmt. Aber das nur nebenbei. Jedenfalls war dadurch schon eine starke Welle von einem guten Meter. Trotz abgesenktem Kiel sorgt das natürlich für enorme dauerhafte Bootsbewegung, wenn in wenigen Sekunden Abstand die Wellen unter dem Boot hindurch laufen. Dann die Katastrophe: Ein turnusmäßiger Blick von mir nach oben auf den Mast zeigt eine sich immer stärker lösende Antenne. Eine halbe Stunde  später war sie weg. Zum Glück nicht aufs Boot geschlagen. Aber schon nach so kurzer Zeit kein Funk mehr -also im Notfall auch kein Hilferuf möglich. Und auch übel: Kein AIS mehr, weil die Antenne beide Geräte versorgte. Das war gerade jetzt extrem mieslich, weil ich das Verkehrstrennungsgebiet (VTGI) der Berufsschifffahrt kreuzen musste. Und das darf man nur im 90° Winkel zur Fahrtrichtung. Da die Berufsschiffe bis zu 20 kn schnell fahren, ist es wichtig, deren Geschwindigkeit zu kennen, wenn man abschätzen will, ob man vor oder hinter ihnen durchkommt. Was für eine Katastrophe! Und als ich dann den Kurs 340° einschlug, der 90° des VTG entspricht, war der Winkel zum Wind bei 20-30° -damit die Windstärke über fast eine Stunde bei 24-27 kn (oberer Rand von 6Bft), die restliche Kreuzungszeit von eindreiviertel Stunden bei 22-26 kn. Wie gut, dass ich nicht steuern musste, sondern mich darauf konzentrieren konnte, wie man den Berufsschiffen ausweicht und dabei die 90° bestmöglich wart.
Ach ja, ich hatte natürlich für Notfälle eine zweite Antenne dabei, aber offensichtlich das Kabel vergessen. Wenn ich ganz ehrlich bin, hatte ich mir sogar schon seit einem Jahr vorgenommen eine Ersatzantenne fest auf dem Geräteeträger zu installieren, um z.B. bei Mastbruch nur im Schalttafelbereich das Kabel umstecken zu können... Murphy lässt grüßen.

Nachdem ich fest gestellt hatte, dass das erste Reff im Groß ohne Vorsegel problemlos bis 20 kn Wind gefahren werden kann, hatte ich im Vorfeld einer sichtbar nahende Regenfront vorsorglich das 2. Reff eingebunden -eine gute Entscheidung. Denn die Böen der Regenfront grüßten mit freundlichen 24/25 kn. Wer eine solche Situation einmal erlebt hat, weiß: Man wird einmal nass durch den von den gegen das Boot klatschenden Wellen = Salzwasser, und dann auch noch von oben durch die regelmäßigen Regenschauer. Das sollte so bis Sylt auch bleiben.

Nein, lustig war das nicht, und Urlaub stelle ich mir anders vor. Vor allem, als auch noch die Abend-/Nachtruhe ausfiel, weil der Wind nicht informiert worden war, dass er jetzt Pause machen kann. Die gesamt Nacht waren durchgängig 18-24 kn  Wind. Eigentlich hatte ich mir für den Tripp vorgenommen, normal zu kochen, aber schon normales Stehen war nicht möglich, ohne sich mit beiden Händen fest zu halten. Nicht auszudenken, wenn hier der Autopilot ausfallen würde... Mittlerweile war mir auch ein wenig übel, was am wenigen Essen und Trinken lag. Das sollte latent auch bis zum Ende so bleiben, weil geordnete Mahlzeiten nicht möglich waren. Dafür rollte das Schiff wenigstens zur richtigen Seite: Steuerbord war Leeseite, und genau das ist die Sitzbankseite für meinen 20-Minuten-Schlafrhytmus. Der klappte auch super, den Plotter zu mir gedreht war von innen jederzeit eine schnelle Kontrolle möglich. Dazu ein kurzer Blick nach draußen zur Kontrolle von Schiffen und Tonnen, dann wieder runter und die nächsten 20-25 Minuten.

Boundless vermittelte jederzeit ein sicheres Gefühl. Der tief gehende Kiel sorgte ohne Wellen für eine super Stabilität, hilft aber auch nicht gegen die Rollbewegung von durchlaufenden Wellen. Und das manche Wellenkombinationen am Rumf aufschlagen und sich über das gesamte Boot ergießen. Einschließlich mir, hinten sitzend. Aber das gute Gefühl ermöglichte wenigstens in der Nacht den Schlafrhytmus, ohne Angst zu haben, dass das Boot voll auf die Seite schlägt.

Der Wind hat die ganze Tour über sein übles Spiel durchgehalten. Sobald ich mich zu einer Segeländerung entschied, nach sorgfältigem Beobachten und Abwarten, schlug er wenige Sekunden später ins Gegenteil. So fuhr ich stundenlang nur im 2. Reff im Groß, ohne speed einzubüßen. Gegenüber meiner letzten Tour nach Helgoland, wo ich den Wechsel von Ebbe und Flut in gut 2-3 kn Geschwindigkeitsdifferenz über die gesamte Tide beobachten konnte, war jetzt davon fast nichts zu merken. Der Speed fiel selten unter 5 kn und lag ansonsten bei 6-7kn.

Nein, hätte ich das Wetter vorher gekannt, ich wäre nicht gefahren. Aber der Wind hatte noch ein Extra parat: Die Einfahrt vor Sylt. Sie erfolgt wegen der vielen Sandbänke und Untiefen herum über das sogenannte Vortrapptief -gute 8 sm lang ein nicht zu breites Fahrwasser, das man unbedingt einhalten sollte, selbst mit meinem auf 1,3 m reduziertem Tiefgang. Hier drehte der Wind wieder auf im Mittel 22-24 kn auf, mit nur ganz kurzen Pausen. Ununterbrochen lief eine Steile Welle unter dem Boot durch, so dass ein gerader Kurs im schmalen Fahrwasser gar nicht möglich war, weil man locker 40-50° vom Kurs weg geschaukelt wurde. Dazu musste man eine Vorhaltung von gut 20° fahren, um überhaupt grob gerade zu fahren.

Natürlich ist alles gut gegangen, das Schicksal war gnädig. Es hat mir aber gezeigt, dass solche Passagen nichts für mich sind. Ich kann sie fahren, aber es macht keine Freude. Das ganze bei hochsommerichen 16-17° hat richtiges Urlaubsfeeling erzeugt. Danke, aber da ist noch viel Luft nach oben.

In Sylt bleibe ich jetzt erstmal bis Freitag und schaue dann wohin mich das Wetter treibt. Auf Sylt ist es mein erstes Mal, Strida ist natürlich dabei. Vielleicht verbringe ich danach 2 Tage auf Amrum, ist ja die Nachbarinsel, die ich auch noch nicht kenne. Dann ist schon nächste Woche und ich kann inselhüpfenderweise Richtung Ijsselmeer zurück.

Der Wassersportverein Hörnum, bei dem ich liege, ist nur zu empfehlen. Modernste saubere Sanitäranlagen, wirklich klasse. Und das zu kleinem Preis.

Unten noch ein paar Fotos, aber nicht irritieren lassen: Der Genusseindruck täuscht. Selbst der Doppelregenbogen hat meine Windanspannung nicht verziehen lassen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Holger (Dienstag, 01 August 2023 11:12)

    Eieiei, das war sicher noch heftiger als es sich liest! Schön, dass alles geklappt hat. Hast schon eine neue Antenne drauf?

  • #2

    SY Boundless (Dienstag, 01 August 2023 20:51)

    Hallo Holger,
    ich hatte am ersten Tag auf Sylt direkt gesucht, eine Sicherheitsfirma gefunden, die noch Restbestände 50 Ohm-Kabels hatte (TV hat 75 Ohm, geht also nicht) samt passender Stecker, und damit noch an diesem Abend die Notantenne hinten auf dem Heckkorb sauber installiert. Die kann ich jetzt jederzeit umstecken direkt am Naviplatz.
    Die neue Antenne auf dem Mast gibts nächste Woche beim Heimathafen. Das mache ich nicht selbst.